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Pressemitteilung 120/19 - 25.08.2019

Einkristallzüchtung bei 1600°C – statt in Warmwasser

Schieber-Preis der International Organization for Crystal Growth (IOCG) für den Augsburger Physiker Dr. Anton Jesche

Augsburg/AJ/KPP – Der Erkenntnisgewinn in der Festk?rperphysik ist untrennbar mit der Entwicklung neuer Materialien verbunden. Insbesondere die Züchtung von Einkristallen, in denen alle Atome einer Materialprobe in streng periodischer Anordnung vorliegen und ein durchgehendes, einheitliches und homogenes Kristallgitter bilden, ist dabei von besonderer Bedeutung. Für seine innovativen Beitr?ge, mit denen er die Synthese von komplexen magnetischen und stark-korrelierten Materialien vorantreibt, ist der Augsburger Physiker Dr. Anton Jesche kürzlich mit dem Schieber-Preis der Internationalen Gesellschaft für Kristallzüchtung (IOCG) ausgezeichnet worden. Die Auszeichnung gilt speziell Jesches Beitr?gen zu Eisen-basierten Hochtemperatursupraleitern und seinen wegweisenden Arbeiten zum Einsatz hochreaktiver Schmelzl?sungen.

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Nur wenn alle Atome einer Materialprobe strikt periodisch angeordnet sind, wenn sie also ein durchgehendes, einheitliches und homogenes Kristallgitter bilden, ist ein direkter Zugang zu den physikalischen Eigenschaften, die das Material charakterisieren, m?glich. "Direkt" hei?t hier z. B., dass etwa die Messung der elektrischen Leitf?higkeit eines Materials durch den Einfluss von Korngrenzen – von Grenzen zwischen Bereichen, in denen die Atome unterschiedlich ausgerichtet sind – nicht gest?rt wird.

In einer 1600°C-Metallschmelze statt in warmem Wasser

Die Züchtung solcher Einkristalle, die durch ein homogenes, von Korngrenzen nicht gest?rtes Gitter charakterisiert sind, erfolgt g?ngigerweise durch die L?sung des pulversierten Ausgangsmaterials in erw?rmtem Wasser. Bei der von Jesche am Lehrstuhl für Experimentalphysik VI der Universit?t Augsburg weiterentwickelten und praktizierten Methode, wird das Materialpulver nicht in erw?rmtem Wasser, sondern in auf bis zu 1600°C erhitztem flüssigem Metall gel?st. Jesche erl?utert den Vorteil dieses Verfahrens so: "Durch die hohe Beweglichkeit, die diese hohe Temperatur ihnen in der Metallschmelze verschafft, f?llt es den verschiedenen Atomen wesentlich leichter, gezielt einen ganz bestimmten Platz in einem geordneten, kristallinen Gitter einzunehmen, um so einen makroskopischen Kristall, einen Einkristall also zu bilden, wenn die Schmelzl?sung langsam abgekühlt wird."

Erfahrung, experimentelles Geschick und Ausdauer

Ob freilich die gewünschte Verbindung dann auch tats?chlich wachse, fügt Jesche hinzu, "ist in hohem Ma? von Erfahrung, vom experimentellem Geschick und von der Ausdauer des Experimentators abh?ngig." Den nach dem Gründer des renommierten "Journal of Crystal Growth" benannten Schieber-Preis, der ihm bei der der 19. ?Internationalen Konferenz für Kristallzüchtung und Epitaxie“ vor mehr als 600 einschl?gigen Expertinnen und Experten aus der ganzen Welt in Keystone (Colorado, USA) verliehen wurde, kann der Augsburger Physiker also nicht nur als Best?tigung der Relevanz seiner innovativen Züchtungsmethode betrachten; der Preis würdigt vielmehr auch seine Erfahrung, sein Geschick und seine Ausdauer, mit denen es ihm gelingt, mit dieser Methode optimierte Einkristalle zu züchten.

Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe am Augsburger EKM

Anton Jesche erhielt sein Physikdiplom 2007 an der TU Dresden. Er promovierte 2011 mit einer am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe (Dresden) erarbeiteten Studie. Nach einem anschlie?enden Postdoc-Aufenthalt am Ames National Laboratory (USA) wechselte er 2014 an das Zentrum für Elektronische Korrelationen und Magnetismus (EKM) der Universit?t Augsburg. Seit 2015 leitet er hier eine eigenst?ndige Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe.

Fruchtbarer Augsburger Kristallzuchtboden

Dass er seine Kristallzucht am EKM der Universit?t Augsburg auf einem sehr fruchtbaren Boden betreibt, sieht Jesche durch eine Koinzidenz best?tigt, die seiner Meinung nach mehr als reiner Zufall sei: "Neben mir sind in Keystone auch Reinhard Uecker vom Leibnitz-Institut für Kristallzüchtung in Berlin und Darrell Schlom von der Cornell University ausgezeichnet worden. Sie haben gemeinsam den begehrten begehrte Frank-Preis der IOCG erhalten. Dass Darrell Schlom von 1999 bis 2012 regelm??ig Gast am Augsburger Lehrstuhl für Experimentalphysik VI war und dass er die Bedeutung seiner Augsburger Zeit für seine erfolgreichen Arbeiten in seinem Preistr?gervortrag vor der gesammelten internationalen Community hervorgehoben hat, spricht für sich und verweist auf die hervorragenden Bedingungen und das stimulierende Umfeld, das das Institut für Physik und insbesondere am EKM der Universit?t Augsburg unsere Forschungen bietet.

2800 Meter über NN und 1600°C über dem IOCG-Logo

Und noch ein "Zufall", der Anton Jesche in den Sinn gekommen ist, als er kürzlich in den Rocky Mountains auf 2.800 Metern H?he den Schieber-Preis entgegennahm: Nicht nur das Wintersportparadies Keystone, sondern auch die vier Eiskristalle, die das Logo der IOCG pr?gen, liegen ziemlich weit unter den bis zu 1600°C, bei denen er in Augsburg die Einkristallzüchtung voranbringt.

Medienkontakt

Dr. Anton Jesche
Institut für Physik/Zentrum für Elektronische Korrelationen und Magnetismus (EKM)
Universit?t Augsburg
Telefon: +49(0)821-598-3659

anton.jesche@physik.uni-augsburg.de

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