Nachhaltiger und effizienter ?PNV auf dem Land
Was Fahranbieter und Gesetzgeber tun k?nnen, um On-Demand-Mobilit?t zu verbessern
Fahrten flexibel und auf Anfrage: Sammelfahrten auf Bestellung k?nnten den ?PNV in l?ndlichen Gebieten künftig pr?gen. Solche Angebote zu planen, ist eine Herausforderung für Unternehmen und Beh?rden. Schlie?lich sollen die Angebote m?glichst viele Menschen erreichen und dabei wirtschaftlich und umweltfreundlich betrieben werden. Wirtschaftswissenschaftler der Universit?t Augsburg schlagen zusammen mit Kollegen der Universit?t der Bundeswehr in München Planungsans?tze vor, die dazu beitragen k?nnen. Auf dem Land steckt der ?ffentliche Personennahverkehr (?PNV) oft in einem Teufelskreis aus geringer Nachfrage und geringem Angebot: Weil weniger Leute ihn nutzen, werden weniger Fahrten angeboten – und wegen der unattraktiven Fahrpl?ne wird er noch weniger genutzt. Eine L?sung sind Shared-Mobility-on-Demand-Angebote (SMOD): flexible, nachfrageorientierte Angebote, bei denen Fahrten über eine App oder alternativ telefonisch gebucht und vom Anbieter gebündelt werden (Pooling). Mit dieser digitalen Weiterentwicklung des Anruf-Sammeltaxis wird ?PNV auf dem Land nicht nur attraktiver, sondern auch umweltfreundlicher. Doch wie k?nnen solche Angebote effizient geplant werden? ?Für Anbieter kann es sich lohnen, die Nachfrage aktiv zu steuern, also Fahrten nicht zur exakt gewünschten Zeit, sondern etwas früher oder sp?ter anzubieten. So k?nnen speziell im l?ndlichen Raum, in dem die Nachfrage sehr gering und r?umlich verteilt ist, mehr Fahrten gebündelt werden – was das Angebot insgesamt wirtschaftlicher und umweltfreundlicher macht“, sagt Fabian Anzenhofer, Doktorand am wirtschaftswissenschaftlichen Lehrstuhl für Analytics & Optimization der Universit?t Augsburg. Ob und wie der Anbieter die Nachfrage steuern sollte, hat Anzenhofer gemeinsam mit Kollegen der Universit?t Augsburg und der Universit?t der Bundeswehr in München untersucht. Sie haben eine Methode speziell für SMOD-Anbieter im l?ndlichen Raum entwickelt und dafür mit der Firma Flexibus zusammengearbeitet. Flexibus betreibt seit 2009 einen der am l?ngsten bestehenden SMOD-Services Deutschlands in den Landkreisen Günzburg, Ostallg?u und Unterallg?u. Wenn der Anbieter die Nachfrage datenbasiert steuert, kann er effizientere Routen für die Fahrzeugflotte planen: Pro gebuchter Fahrt fallen weniger Fahrzeugkilometer an. Das zeigen die Simulationsergebnisse, die die Wissenschaftler kürzlich in der Fachzeitschrift ?OR Spectrum“ ver?ffentlicht haben. Die Fahrten werden so wirtschaftlicher, aber auch umweltfreundlicher – in der konkreten Fallstudie sind jeweils Verbesserungen um ein Drittel m?glich. ?Zwar werden dann weniger Fahrten gebucht, doch vor allem, weil schlecht zu bündelnde und damit unwirtschaftliche Fahrten nicht angeboten werden“, erkl?rt Dr. David Fleckenstein, einer der Co-Autoren der Studie. Zus?tzliche Verbesserungen sind m?glich, wenn das Unternehmen Buchungsdaten aus der Vergangenheit nutzt, um zu prognostizieren, wie gut eine angefragte Fahrt voraussichtlich gebündelt werden kann. So kann der Anbieter die Nachfrage pr?ziser steuern, besonders zu Beginn des Buchungsprozesses, wenn noch nicht viele Buchungen vorliegen. ? Wie aber l?sst sich sicherstellen, dass SMOD-Unternehmen nicht nur wirtschaftliche Fahrten anbieten – zu Lasten von Gebieten mit schwacher Nachfrage ?–, sondern für m?glichst viele Menschen eine umweltfreundliche und zuverl?ssige Alternative zur Fahrt im eigenen PKW darstellen? Hier k?nnte der Gesetzgeber eingreifen. In einem weiteren Artikel, erschienen in der Fachzeitschrift ?Transportation Research: Part A“, diskutieren die Forschenden zwei Regulierungsinstrumente, die dem Anbieter starre Vorgaben zu konkreten Kennzahlen auferlegen. Bereits jetzt k?nnen Beh?rden nach deutscher Rechtslage von Anbietern fordern, eine Bündelungsquote einzuhalten. Dabei handelt es sich um eine Vorgabe, wie stark Fahrtwünsche in gemeinsame Fahrten zusammengelegt werden müssen. Das kann die Fahrten noch umweltfreundlicher machen. Allerdings ist die Festlegung eines starren Werts problematisch: Ist der Wert zu hoch, wird der Anbieter gezwungen, Fahrtanfragen in besonders nachfrageschwachen Gebieten abzulehnen – und abgelehnte Fahrg?ste müssen auf weniger umweltfreundliche Alternativen zurückgreifen, etwa das eigene Auto. Die Definition der Bündelungsquote in der deutschen Gesetzgebung kann ein weiteres Problem bewirken: Da zurückgelegte Personenkilometer gemessen werden, k?nnte der Anbieter unn?tige Umwege einplanen, um die erzielte Quote künstlich zu erh?hen. Daher pl?dieren die Wissenschaftler, wenn überhaupt, für eine gem??igte Bündelungsquote. Diese sollte nicht zu hoch angesetzt werden und nicht bei jeder Fahrt, sondern nur im Durchschnitt über einen l?ngeren Zeitraum erreicht werden müssen, empfehlen die Wissenschaftler. Au?erdem schlagen sie eine Definition auf Basis der gebuchten anstelle der gefahrenen Personenkilometer vor, die unn?tig gefahrene Umwege ausschlie?t. Ein zweites Regulierungsinstrument k?nnte die Daseinsvorsorge verbessern: Die Forschenden haben eine r?umliche Mindestabdeckungsquote untersucht. Diese soll gew?hrleisten, dass auch abgelegene, nachfrageschwache Gebiete bedient werden – und nicht beispielsweise Anfragen aus zentralen Gebieten gegenüber solchen aus der Peripherie bevorzugt werden. Diese Ma?nahme würde sich – im Gegensatz zur Bündelungsquote – nicht negativ auf die Zuverl?ssigkeit des Angebots oder auf die Umwelt auswirken. Um die Quote für alle Teilgebiete zu ermitteln, müsste vorab das SMOD-System der jeweiligen Region genau analysiert werden. Daher empfehlen die Wissenschaftler diese Quote grunds?tzlich, weisen jedoch auf die herausfordernde Anwendung in der Praxis hin. cg Anzenhofer, F., Fleckenstein, D., Klein, R. et al. Analyzing the impact of demand management in rural shared mobility-on-demand systems. OR Spectrum (2025).
https://doi.org/10.1007/s00291-024-00805-8 Fabian Anzenhofer, Simon Schmidbaur, Robert Klein, Claudius Steinhardt: The potential of governmental regulation on shared mobility-on-demand systems. Transportation Research Part A: Policy and Practice (2025). ?
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Fahrten sinnvoll bündeln
Wirtschaftlicher und umweltfreundlicher
Vorgaben und Kennzahlen
(Noch) mehr Anfragen bündeln?
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Publikationen
https://doi.org/10.1016/j.tra.2024.104360
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